«Deutsch Eins»: Mit (Silben-)Schwung lesen und schreiben lernen

Die silbenanalytische Methode im Praxistest

Deutsch Eins im Einsatz

Wie kommt das neue Lehrmittel «Deutsch Eins» in der Praxis an? Wir besuchen eine 1. Klasse an der Primarschule Birmensdorf und zeigen auf, wie das Unterrichten mit der silbenanalytischen Methode funktioniert.

«Wir schwingen die Silben gemeinsam, dann wisst ihr gleich, wie ihr das Wort schreiben müsst», motiviert Lehrerin Claudia Wiehl ihre Klasse. 23 Kinderhände schwingen rhythmisch durch die Luft, dazu sprechen die Erstklässlerinnen und Erstklässler im Chor die Silben nach: «Sche-re», dann «Schlüs-sel» und «Schu-he». An diesem warmen Sommertag Anfang Juni übt die Klasse das Schreiben von Wörtern mit sch-Anlaut.

«Das gemeinsame Silbenschwingen und das Schreiben in den Wortstreifen hilft den Kindern, die Struktur der Wörter zu erkennen und daraus die korrekte Schreibweise abzuleiten», erklärt Wiehl. Was den Kindern heute leichtfällt, war zu Beginn des Schuljahres nicht selbstverständlich: «Für die Kinder war es anfangs noch schwierig, die Buchstaben in die richtigen Kästchen der Wortstreifen zu setzen», erzählt die Lehrerin. «Aber als diese erste Hürde genommen war, ging es richtig gut: Die Kinder haben die Methode verinnerlicht, sie schwingen die Silben von allein, sie lesen laut vor und hören die Buchstaben sehr gut heraus.»

Silbisches und lautbasiertes Prinzip kombiniert

Der silbenanalytische Ansatz in «Deutsch Eins» ist in Deutschland und Österreich die am häufigsten angewandte Methode zum Schriftspracherwerb (siehe Infobox). In der Schweiz dominiert bisher noch das phonografische Prinzip: Dabei lesen die Kinder zunächst jeden Buchstaben als Einzellaut und lernen erst mit der Zeit, die einzelnen Laute aneinanderzuhängen. «‹Deutsch Eins› kombiniert beide Ansätze – das lautbasierte und das silbische Prinzip», erklärt Britta Juska-Bacher, Projektleiterin in der Konzeptphase der Lehrmittelreihe «Deutsch». «Die Laut-Buchstaben-Beziehungen sind für den Beginn des Schriftspracherwerbs unabdingbar», führt sie aus. «Durch die intensive Beschäftigung mit der Silbe entdecken sie sprachliche Muster und erschliessen sich so Prinzipien der deutschen Rechtschreibung.»

Sprachstrukturen sichtbar machen

Wie sieht das konkret im Unterricht aus? Im Klassenzimmer von Claudia Wiehl üben die Erstklässlerinnen und Erstklässler das flüssige Sprechen und die genaue Artikulation von sch-Wörtern mit einem Zungenbrecher: «Wenn Schnecken an Schnecken schlecken, merken sie zu ihrem Schrecken, dass Schnecken nicht schmecken.» Anschliessend sind die Kinder aufgefordert, verschiedene sch-Wörter in Wortstreifen zu schreiben. Auch die Schreibtabelle kommt zum Einsatz: Sie hilft den Kindern beim Zuordnen der Laute zu Buchstaben und umgekehrt. Zudem zeigt sie auf, wo die Buchstaben in der Silbe verortet sind. «Zu Beginn haben wir intensiv mit der Schreibtabelle gearbeitet», sagt Claudia Wiehl. «Bis Weihnachten konnten die Kinder dann bereits selbstständig damit umgehen.» Das zeigt sich auch heute: Die Kinder lösen die ihnen gestellten Aufgaben weitgehend allein. Das selbstständige Arbeiten sieht die Lehrerin durch «Deutsch Eins» gefördert, zum Beispiel durch das Arbeiten auf verschiedenen Niveaus – im Heft, im Schreibheft und auf der digitalen Plattform.

Kompetenzen spielerisch erlernen

Ohnehin spricht die umfassende Sprachförderung Claudia Wiehl an: «Ich finde, das Lehrmittel bietet viele spannende Themen, die den Kindern Freude an der Sprache vermitteln. Es fokussiert nicht nur auf Lesen und Schreiben, sondern bezieht auch das Hören und Sprechen mit ein», meint sie. «Ausserdem haben meiner Klasse und mir die offenen Formen in der ‹Wahlzeit› sowie die Literaturthemen gefallen: Hier können die Kinder sprachlich kreativ sein und sich spielerisch ausprobieren.» Und was ist ihr Résumé am Ende des ersten Schuljahres mit der silbenanalytischen Methode? «Grundsätzlich können Kinder mit verschiedenen Methoden gut lesen lernen, das ist klar. Die Methode hier ist aber ein spannender Ansatz, den ich auch mit meiner nächsten 1. Klasse fortführen werde. Mein Eindruck ist, dass die Kinder schneller anfangen, korrekt zu schreiben und flüssig zu lesen.» Zufrieden zieht Wiehl das Fazit: «Die anfängliche Mühe hat sich gelohnt.»

Support