Forschungsprojekt «Schmetterlinge»

Verfressene Raupen im Klassenzimmer

Schmetterlinge sind nicht nur faszinierend schön. Anhand der Insekten lassen sich auch biologische Wunder wie die Metamorphose oder das Ökosystem erklären. Das neue Lehrmittel «Schmetterlinge» liefert dafür die Grundlagen.

Eigentlich wollte Atlant Bieri, Autor des Lehrmittels «Schmetterlinge», an diesem Spätjuni-Tag im Schulhaus Wallisellen mit den Schülerinnen und Schülern frisch geschlüpfte Schwalbenschwänze bestaunen. Doch diese lassen auf sich warten: Die Larven im Schmetterlingskasten, den die Klasse anhand einer Anleitungaus dem Lehrmittel testhalber gebaut hat, sind aufgrund des kühlen Frühlings noch nicht so weit. Darum sitzt der Autor jetzt im Schulzimmer auf dem Boden und präsentiert den Kindern aufgespiesste Falter der Insektensammlung der ETH Zürich und spannende Schmetterlingsfakten. So erfahren die Kinder zum Beispiel, dass der gelbe Zitronenfalter von allen in der Schweiz heimischen Schmetterlingsarten mit 12 Monaten (umgerechnet 1000 Menschenjahre) das höchste Alter erreicht. Dies, weil er dank einem körpereigenen Frostschutzmittel die kalten Tage überlebt.

Spannende Theorie und lehrreiche Experimente


Atlant Bieri, Umweltwissenschaftler, Wissenschaftsjournalist und Buchautor, ist derzeit daran, all sein Schmetterlingswissen für das neue Forschungsprojekt aufzubereiten. Dass sich die Falter in vielerlei Hinsicht als Unterrichtsthema anbieten, zeigt ein Blick in die Materialien, die derzeit entstehen: Der Ordner enthält einen Theorieteil für Lehrpersonen mit sorgfältig recherchierten Informationen über die Biologie von Schmetterlingen sowie Vorhaben und Experimente für die Schülerinnen und Schüler zum Aufbau von Vorwissen. Den Kern des Lehrmittels aber bildet eine gemeinsame Aktivität: der Bau eines Schmetterlingskastens anhand einer 1:1-Anleitung und seine Bewirtschaftung. Schmetterlingseier gesammelt, Fenchel angepflanzt. Der Schmetterlingskasten in Wallisellen, in dem sich eine Handvoll Raupen und Puppen befinden, muss heute gereinigt werden.

Wie sie hierher gekommen sind? Die Schülerinnen und Schüler haben im Frühling draussen in der Natur Schmetterlingseier gesammelt und sie in die Box umgesiedelt. Natürlich nicht, ohne ihnen genügend Nahrung zur Verfügung zu stellen – in diesem Fall Fenchel, den sie eigenhändig angepflanzt haben. Vier grosse Töpfe stehen parat. Ein Schüler nimmt behutsam eine Raupe aus dem Kasten und streckt ihr ein Fenchelzweiglein hin: «Die hat aber Appetit», staunt er. Im Nu ist das feine Kraut aufgefressen. «Die Kinder sind Feuer und Flamme», sagt ihr Lehrer Natan Brand. «Als mir Atlant Bieri von seinem Lehrmittel erzählte, war mir schnell klar, dass ich die Schmetterlinge in meinen Unterricht einbauen will.» Spannend daran sei insbesondere, dass sich mit dem Lehrmittel fächerübergreifend arbeiten lässt.

In den Schmetterlings-Kosmos eintauchen


Atlant Bieri hat schon verschiedene Sachbücher für Kinder geschrieben – unter anderem «Globi und die Energie», das sich 13 000 Mal verkaufte, oder den Wissenschaftscomic «Invasion der Blattläuse», und hat an Lehrmitteln wie «NaTech 1–6» mitgearbeitet. Warum dreht sich sein aktuelles Projekt um Schmetterlinge? «Im Grunde genommen, weil ich in der 4. Klasse der Primarschule selbst einen naturbegeisterten Lehrer hatte, der uns mit diesen wunderschönen Insekten vertraut machte», erklärt er. Dieser sei nächtelang aufgeblieben, bis er einen schlüpfenden Schwalbenschwanz vor der Linse hatte. «Die Bilder zeigte er uns via Diaprojektor. Es war, als hätte er uns ein Tier aus einer Zauberwelt offenbart.»

Mit dem Lehrmittel möchte Bieri nun auch andere Kinder in den Schmetterlings-Kosmos eintauchen lassen, sie mit dem Wunder der Metamorphose bekannt machen und ihnen ökologische Zusammenhänge aufzeigen – mit Biologie und vielen Experimenten. Denn die Schmetterlinge können viel: Sie regen das naturwissenschaftliche Denken an, laden zum Experimentieren ein, schulen die Beobachtungsgabe und sensibilisieren für den Artenschutz.

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